Trapezherz


2022 hat mich Volha Hapeyevas Wortmeldeschrift “ Die Verteidigung der Poesie in Zeiten dauernden Exils“ schwer begeistert. Ein Essay über die Macht der Sprache und wie wichtig es ist, mit ihr klug und behutsam umzugehen.
Deshalb war ich sehr gespannt auf ihren bei Droschl neu erschienen Gedichtband „Trapezherz“.
Die Themen der Gedichte finde ich schwierig, unter einige wenige Schlagwörter zu fassen. So vielschichtig und vielseitig ist ihre Lyrik, die zwanzig Jahre ihres Schaffens umspannt.

Es geht um den Großvater und die Gesprächen, die sie miteinander führten. Um Frauen- und Kinderkörper, die dem Bodyshaming ausgeliefert sind und Identitätsfindung, um das ungewollte Kind und Abtreibung, dann wieder um die Kleider von Marie Antoinette und ihre Hinrichtung.
Großartig fand ich auch das politische Gedicht „schwierige arithmetik“, in dem Hapeyeva dem NS-Regime und der DDR Diktatur, das autoritären Regime in Belarus gegenüberstellt.

Manche Gedichte zeigen eine außergewöhnliche Perspektive, wirken verspielt und doch poetisch, so handelt eines von einem alten Mantel, der bei Tee und Keksen auf eine Frau wartet, die ihn trägt.
Ein anderes von der Karriere des Schuhkartons, die schnell beendet ist und der schließlich zur Aufbewahrung von Krimskrams dient oder als Sarg für Haustiere.
Wie ein Mahnmal wirkt „oft vergessen wir zu atmen“ auf mich. Es geht um Zeit und dass wir durch den Tag hetzen, noch im Gestern oder schon im Morgen und vor lauter Erledigungen das im Jetzt-leben vergessen.

So bunt und verschieden wie der Inhalt, zeigen sich die Gedichte auch in ihrer äußeren Form. Mal bestimmt sie den Inhalt, mal sind sie schlicht linksbündig. Kurz oder lang, reimend und sich nicht reimend, enthalten französische oder spanische Worte, aber doch haben sie alle eines gemeinsam:

Atmosphärisch und berührend eröffnen Hapeyevas Gedichte Sprachspielräume, in denen ihr einfühlsamer, ja fast „zärtlicher“ Umgang mit Worten beeindruckt!

#namethetranslator : Aus dem Belarusischen von Matthias Göritz.