Der Stich der Biene


Paul Murray hat sein 700seitiges Epos über den Untergang einer Familie multiperspektivisch angelegt und dabei jedem Charakter einen eigenen Sprachstil gegeben. Ein großartiges Stilmittel! So ist zum Beispiel der Abschnitt über die quirlige und vielredende Mutter Imelda ohne Punkt und Komma geschrieben (kann man aber trotzdem sehr gut lesen).

Der Roman handelt von der vierköpfigen Familie Barnes – dem Vater Dickie, einem pleitegegangenen, intellektuellen Autohändler, der wegen einer sexuellen Affäre erpresst wird, seiner Ehefrau Imelda, die kaufsüchtig, das Geld mit vollen Händen ausgibt und dabei doch die Fassade einer angesehenen Familie aufrechterhalten will und den Kindern Cass und PJ, die sich beide auf ihre Weise ungesehen und ungeliebt fühlen. Für diese dysfunktionale Familie beginnt eine Abwärtsspirale sondergleichen.
In Rückblicken erfahren wir es dazukommen konnte, wie jedes einzelne Familienmitglied an jedem möglichen Wendepunkt die denkbar schlechteste Entscheidung trifft, so dass jede Hoffnung der Leserin, es möge etwas Gutes für die 4 passieren, schnell zerschlagen wird.
Von der Gegenwart aus geht es zurück bis zu Dickie und Imeldas Hochzeit, und weiter. Wir bekommen Einblicke in Imeldas Kindheit mit den gewalttätigen Brüdern und dem alkoholkranken Vater und Dickies Leben unter dem „Radar“ seines Bruders Frank, einem beliebten und charmanten Fussballspieler und Frauenheld, der auch mit Imelda liiert war …
Die Leben dieser Hauptfiguren sind nicht nur allesamt sehr traurig und tragisch, sie laufen auch im letzten Kapitel gemeinsam auf einen fulminantes Ende zu.#nospoiler
Sowohl stilistisch, als auch inhaltlich ein wilder Ritt!

Leseempfehlung für Menschen, die heftig überzogene Dramen über dysfunktionale Familien mögen, schwarzen Humor lustig finden und sprachlich auf Experimentelleres stehen.

#namethetranslator : Aus dem Englischen von Wolfgang Müller

Herzlichen Dank an den Kunstmann Verlag für dieses aufregende, traurige, mitreißende Buch.