
Oh, das war so schön! Kennt ihr diese besonderen Leseerlebnisse, die man nicht so schnell vergisst, weil man mit den Hauptfiguren so mitfiebert und man sich am nächsten Morgen nach dem langen Lesen bewusst machen muss, dass es ja erfundene Charaktere sind und nicht Freunde, die man kennt?
So ging es mir mit Mariana Lekys „Was man von hier aus sehen kann“. Hab so gelacht und auch geweint.
Wenn Selma in einem kleinen Dorf im Westerwald nachts von einem Okapi träumt, das auf der Uhlheck steht, dann stirbt ein(e) Dorfbewohner*in ca. in den nächsten 24 Stunden. In dieser Zeit versuchen die Dorfbewohner*innen zu ergründen, wen der Tod wohl ereilt, alle möglichen Geheimnisse, Sünden und auch versteckte Lieben werden gebeichtet und die Welt durcheinandergewirbelt.
Bei aller Traurigkeit ist der Roman aber vorallem lustig und originell geschrieben, denn den Erzählkosmos von Leky bevölkern die originellsten und skurillsten Charaktere. Da ist Selma, die gute Seele des Dorfes, die aussieht wie Rudi Carell und die die Ich-Erzählerin Louise (ihre Enkelin) aufzieht. Der Optiker liebt Selma heimlich, doch seine inneren Stimmen rempeln ihn so oft an, dass er manchmal stolpert und sie verhindern, dass er ihr seine Liebe gesteht. Louises Vater kauft einen Riesenhund „Alaska“ und lässt ihn dann ebenfalls bei Selma, weil ihm plötzlich die Idee gekommen ist, „Welt hineinzulassen“ und er andauernd verreist. Martin ist Louises Schulfreund, der Gewichtheber werden möchte und sie ständig hochhebt. Dann gibt es da noch Elsbeth, die im April versucht mit dem Laubsauger die Blätter vom Baum zu saugen, damit die Zeit schneller vergeht und Marlies, die ihr Leben in Unterhose und Norwegerpullover verbringt und niemals auch nur ein freundliches Wort sagt.
Von Sprache und Stil erinnert mich der Roman wirklich sehr an Nincshof von Johanna Sebauer, sie ist wohl Mariana Leky Fan – wie ich jetzt auch.
Ein wahrlich großes Lesevergnügen, ich kann gar nicht aufhören zu schwärmen.
Wahrscheinlich bin ich die Letzte dieser Buchbubble, die dieses Buch noch nicht gelesen hatte. Es ist 2017 im Dumont Verlag erschienen und zurecht ausführlich gelobt und spiegelgebestsellert.
