
Saša Stanišićs neuester Erzählband handelt von Fatih, Piero, Nico, Mo und dem Ich-Erzähler Saša. Die sechszehnjährigen Jungs liegen kurz vor den Sommerferien 1994 in einem Weinberg. Gleich in der ersten Erzählung „Neue Heimat“ führt uns der Autor in sein fantasievolles kreatives Schreiben zurück, dass ich schon in Herkunft so bewunderte, denn Fatih schlägt vor, einen Anproberaum zu erfinden, in dem man 10 Minuten lang eine eigene mögliche Zukunft sehen kann. Wenn sie gefällt, kann man einloggen. Was für eine krasse Idee!
Alle folgenden Geschichten hängen nun zusammen, handeln von Dilek, Fatihs Mutter, die als Reinigungskraft arbeitet und von der Hausherrin eine Ziegenhaarbürste zur Reinigung geschenkt bekommt, weil sie in der Türkei Ziegen gehütet hat. Und von der titelgebenden Witwe, die vielleicht doch noch ihr Glück und von Mo, der einen Schatz findet oder auch nicht. Die Grenzen zwischen Realität, Fiktion und Illusion sind hier fließend.Auf alle Geschichten kann an dieser Stelle gar nicht eingegangen werden, aber es sei noch gesagt:
Das Ende, in dem sich alle Figuren in verschiedene Anproberäumen wiederfinden, wartet mit einem Plot Twist auf die Leser*innen. So gut!
Stanišićs Lust am Sprachspiel und seine humorvollen und literarischen Ideen sind für mich so inspirierend und aufregend wie kaum ein Buch in diesem Jahr.
Heftige Leseempfehlung! Wer Herkunft mochte, sollte sich dieses etwas heiterer Buch nicht entgehen lassen.
