
#leseeindruck
Han Kangs Roman „Griechischstunden“ handelt von der zarten Liebesgeschichte zwischen einer stummen Frau und ihres erblindenden Griechischlehrers. Beide tragen einen tiefe Versehrtheit in sich, die Frau hat ihre Mutter verloren und kurz darauf in einem Sorgerechtsstreit ihren Sohn, Sprache verursacht ihr Schmerzen. Um zu heilen und ihre Stimme wieder zu finden, beginnt sie Altgriechisch zu lernen – interessanterweise eine Sprache, die nicht gesprochen wird.
Ihr Lehrer ist zwischen zwei Welten – Korea und Deutschland – hin und her gerissen und leidet an einer vererbten Augenkrankheit, die ihn erblinden lässt.
Die Perspektiven des Grieschischlehrers als Ich-Erzähler und der Frau als personale Erzählerin (im Buch sind sie beide namenlos) wechseln sich ab.
Es ist ein Changieren zwischen Traum und Realität, vielleicht steht auch deshalb ein kurzer Text über Borges als Prolog voran und so weiß ich nicht genau, ob das Ende geträumt oder doch voller Hoffnung ist. Alles bleibt im Ungefähren und eröffnet jede Menge Assoziationsspielräume.
Nicht nur das Kangs Sprache sehr besonders ist (da waren wir uns im Buchclub ganz einig) und tolle Zitate hervorbringt, auch geht es auf der Metaebene um Sprache und Kommunikation, um Gehörlosensprache und Brailleschrift, um Koreanisch, Deutsch und Altgriechisch und auch ums Verstummen.
Alles in allem eine bereichernde, außergewöhnliche Lektüre, die mich mit einigen Fragezeichen und dem Entschluss zurücklässt, es irgendwann noch einmal zu lesen.
Leseempfehlung für Fans von anspruchsvoller Literatur und Buchclubmenschen, zusammen versteht es sich besser
#namethetranslator Aus dem Südkoreanischen von Ki-Hyang Lee
